1. Research
Das ist ein Auszug aus Emerging Markets Monthly: Knock on ... , veröffentlicht am 7. September 2018.

EM Monthly: Dominoeffekte ...

Autoren
Kubilay Ozturk
Sameer Goel
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Drausio Giacomelli
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Juliana Lee
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In den Schwellenländern dominieren nach wie vor landesspezifische Risiken, allerdings steigt die Gefahr, dass sich die Krise ausweitet. Aus unserer Sicht ist – wie wir bereits in der Vergangenheit ausgeführt haben – die Performance der Schwellenländer zu zwei Dritteln bis drei Vierteln externen Faktoren geschuldet. Dies gilt vor allem für die Kreditmärkte. Mit der Verschlechterung dieser Faktoren trennt sich die Spreu vom Weizen. Vor allem einige große Volkswirtschaften wurden in Mitleidenschaft gezogen. Sie zeigen sich bisher am stressanfälligsten.

Ob die Schwellenländer „gut" oder „schlecht" abschneiden hängt von der Handlungsfähigkeit der Politik angesichts massiver innen- und geopolitischer Spannungen ab. Die angespannte politische Lage hat nicht nur zur Eintrübung des Wachstumsausblicks in den anfälligeren Ländern geführt, sondern verhindert bis auf Weiteres auch ein entschlosseneres Vorgehen seitens der Politik. Um die Dominoeffekte, die schon jetzt ihren Tribut in Südafrika, der Türkei und Argentinien fordern und zuletzt auch Brasilien erfassten, einzudämmen, bedarf es eines Politikwechsels in den USA und den Schwellenländern. In näherer Zukunft zumindest erscheint dies kaum wahrscheinlich.

Der nahe am Höhepunkt befindliche Konjunkturzyklus in den Industrieländern und die nachlassende weltwirtschaftliche Dynamik erschweren bei zunehmenden Risiken die notwendigen Anpassungen. Unsere Volkswirte gehen davon aus, dass die chinesische Regierung zunächst abwartet, bevor sie – möglicherweise erst im 1. Halbjahr 2019 – im Handelsstreit einlenkt. Schließlich entfaltet die fiskal- und geldpolitische Lockerung ihre Wirkung und in den USA sinkt aufgrund der Strafzölle allmählich die Kaufkraft der Verbraucher. In Lateinamerika und EMEA wurde die Handlungsfähigkeit der Regierungen in den besonders anfälligen Ländern zuletzt durch (geo)politische Spannungen eingeschränkt. Damit ist eine Erholung der Märkte vorerst nicht in Sicht.

Eine entscheidende Rolle spielen zudem die Zwischenwahlen in den USA. Denn von ihrem Ausgang dürfte abhängen, ob sich die US-Regierung letztendlich kompromissbereit zeigt oder ob sie ihre wachstumsschädliche Politik sogar noch weiter verschärft. Angesichts der ungelösten Probleme – im In- und Ausland – profitieren die Schwellenländer nur begrenzt vom nach wie vor soliden Wachstum in den Industrieländern.

Die erheblichen Kursverluste im August waren aus unserer Sicht deutlich überzogen, was für eine Aufwärtskorrektur spricht. Die Wachstumsprognosen hingegen dürften weiter nach unten angepasst werden, da der Negativtrend im Handelskonflikt (mindestens über die Zwischenwahlen) anhalten dürfte (und die Parallelen mit 2015-16 zunehmen).
Sonderbeiträge in dieser Ausgabe:
Brasilien: Wo besteht Handlungsbedarf?
Vorfeld der Wahlen beleuchten wir einige der wirtschaftlichen Probleme, die die zukünftige Regierung in Angriff nehmen muss. Für eine nachhaltige Konsolidierung der Staatsfinanzen bedarf es u.a. einer Reform der Sozialsysteme. Gleichwohl dürfte ein Umbau des Rentensystems – auch wenn hier dringend Handlungsbedarf besteht – kaum ausreichen, um den Haushalt zu sanieren. Will die zukünftige Regierung Brasiliens Wirtschaft aus der „quasi-Dauer"-Krise führen, braucht es auch strukturelle Reformen.
GCC Öl-Breakeven
Wir untersuchen, was Öl kosten muss, damit sich die Staatshaushalte und Leistungsbilanzen der Golfstaaten im Gleichgewicht befinden. Dieser sogenannte Breakeven-Preis ist ein zuverlässiger Indikator für die fiskalische und externe Anfälligkeit. Da die Staaten angesichts des jüngsten Ölpreisanstiegs ihren Konsolidierungskurs zurückfahren, um das Wachstum anzukurbeln, dürfte dieser bis Jahresende 2019 von hohem Niveau weiter steigen.
Wie verhält sich China im Handelskonflikt?
Bei den US-Verbrauchern hat der Handelskonflikt bisher kaum Spuren hinterlassen. Das könnte sich bald ändern. Werden die US-Strafzölle auf chinesische Waren weiter ausgeweitet, dürften die Marginaleffekte für die USA wohl zunehmen, während sie für China sinken. In der Hoffnung auf ein Einlenken seitens der USA könnte China zunächst abwartend agieren und beobachten, inwieweit die neue Runde an Strafzöllen die US-Verbraucher belastet und damit der Druck auf die Regierung steigt. Eine weitere Zuspitzung des Handelskonflikts ist in den kommenden Monaten nicht auszuschließen. Denn die Parteien werden wohl erst im November beim Treffen der beiden Staatschefs wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren.
Türkei: Nichts ist, wie es war
Gemessen am gesamten Außenfinanzierungsbedarf ist das Volumen der kurzfristig fällig werdenden ausländischen Schuldtitel trotz des Verfalls der türkischen Währung überschaubar. Die sich abzeichnende Vertrauenskrise wäre damit wohl noch beherrschbar, vorausgesetzt die Behörden reagieren umsichtig. Dazu gehört u.a. auch eine Neuausrichtung der makroökonomischen Prioritäten. Sofern es der Türkei nicht gelingt, die Lira wieder zu stabilisieren, droht ein weiterer Anstieg der Inflation und ein Vertrauensverlust der Investoren. Dann könnte aufgrund der immensen Nettoverschuldung türkischer Unternehmen im Ausland und des hohen Engagements türkischer Banken das Finanzsystem ins Wanken geraten, was durchaus für die Existenz multipler Gleichgewichte spricht.
Diese Ausgabe enthält zudem unseren Wachstumsausblick sowie unsere Prognosen für ausgewählte Länder in Asien, EMEA und Lateinamerika.
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