8. Mai 2012
Die Europäische Union hat seit 2006 verstärkt auf tiefe und umfassende Freihandelsabkommen mit Schwellenländern gesetzt. Seither sind auch einige Industrieländer in den Fokus geraten. Ein Abkommen mit Südkorea wird bereits angewendet. Große Hoffnungen richten sich auf Indien und eine Reihe von ASEAN-Staaten, doch auch mit dem Mercosur, Kanada, der Ukraine und fast allen Mittelmeer-Anrainerstaaten sollen solche Abkommen abgeschlossen werden. Sogar Japan und die USA werden als Partner in Betracht gezogen. Die bilaterale Freihandelsstrategie würde bei vollständiger Umsetzung bis zum Ende des Jahrzehnts moderate Impulse für Handel, Wohlfahrt, Wachstum und Beschäftigung in der EU und in der Regel deutlich größere Impulse in den Partnerstaaten auslösen. Die Freihandelsdiplomatie hat auch inhaltlich einen hohen Anspruch, denn bislang ungenügend behandelte Themen wie der Handel mit Dienstleistungen, technische Handelsbarrieren oder ausländische Direktinvestition sollen besser geregelt werden. Ob letztlich der derzeitige Primus im Welthandel, die EU, mit dieser Strategie erfolgreich sein wird, wird sich in vielen Fällen in der Innenpolitik der Partner entscheiden müssen. Die Grundsatzfrage, ob nicht parallel zu einer tiefen bilateralen Strategie eine komplementäre multilaterale Ordnungspolitik umso vordringlicher werden wird, wird sich insbesondere im transatlantischen Fall stellen. Risiken für Friktionen im internationalen System bestehen jedenfalls auch.
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